Renault und die Formel 1 verbindet eine rasante On-Off-Beziehung. Der traditionsreiche Autobauer aus Frankreich stieg mehrmals als Teilnehmer in die Königsklasse des Motorsports ein und wieder aus. Heute sehen wir eine Mischform: Ein Renault-Team, das gemäss seines Namens keines mehr ist, aber die sogenannten Power-Units einsetzt. Die Geschichte von Renault ist interessant und turbulent zugleich. Werfen wir also einen Blick zurück.
So kam Renault in die Formel 1
Renault stieg mit einer technischen Innovation in die Formel 1 ein. In der Konzernzentrale in Viry-Châtillon nahe Paris entwickelten die Ingenieure den ersten Turbomotor für die prestigeträchtige Formel-Rennserie. Er feierte im Heck des Boliden mit der Bezeichnung RS01 bereits im März 1976 sein Streckendebüt bei Testfahrten. Renault stellte sich aber erst zur Mitte der nachfolgenden Saison dem Wettbewerb gegen die Konkurrenten. Der erste Start beim Grossen Preis von Frankreich 1977 vorgesehen. Doch die Equipe zog ihre Nennung zurück und trat erst beim darauffolgenden Rennen in Grossbritannien an. Dort schied Jean-Pierre Jabouille, der den einzigen Boliden steuerte, aus. Auch bei den drei folgenden Einsätzen sah er die Zielflagge nicht. Beim Grand Prix in Mosport (Kanada) verpasste es der Franzose, sich zu qualifizieren.
In den ersten Jahren stellten sich für Renault noch keine Erfolge ein. Ausgerechnet beim Heimrennen von Team und Fahrer feierten beide ihren ersten gemeinsamen Sieg: 1979 gewann Jabouille in Dijon mit dem Nachfolgeauto RS10. Ab dieser Zeit schien Renault verstanden zu haben, was in der Formel 1 über den Sieg entscheidet. Mit dem späteren Weltmeister Alain Prost und René Arnoux schloss der Fahrzeughersteller ab 1981 drei Saisons in Folge unter den Top-3 der Konstrukteurswertung ab. Der Erfolg wurde dem Team zum Verhängnis. Prost verpasste 1983 den Gewinn des WM-Titels knapp. Nach Streitigkeiten und gegenseitiger Kritik wegen der engen Niederlage trennten sich beide Parteien voneinander.
In den Jahren 1984 und 1985 blieben die Siege aus und das Renault-Team rutschte in der Weltmeisterschaftswertung für Konstrukteure ab. Renault zog sich aus der Formel 1 zurück, belieferte allerdings in der Saison 1986 noch die traditionsreichen Teams Lotus, Ligier und Tyrrell mit Motoren. Danach war auch damit Schluss.
Renault kehrt nach Turbo-Aus in die Formel 1 zurück
Ab 1989 stattete Renault Williams mit Motoren aus. Erneut bewiesen die Techniker ihre Pfiffigkeit. Sie bauten den ersten V10-Antrieb mit pneumatischen Ventilfedern, der in der Formel 1 zum Einsatz kam. Erste Achtungserfolge stellten sich rasch ein. Die Kombination führte zunächst 1992 Nigel Mansell und 1993 auch Prost zu je einem WM-Titel. Ab 1995 wurde auch Benetton, in jener Zeit Williams› härtester Konkurrent, zum Renault-Kundenteam. Michael Schumacher gelang es, seinen Gewinn der Weltmeisterschaft zu wiederholen. In den beiden darauffolgenden Jahren verhalf der Renault-Antrieb Damon Hill und Jacques Villeneuve (beide Williams) zu ihren einzigen WM-Siegen.
Danach war wieder einmal Schluss mit Renault und der Formel 1 – zumindest offiziell. Die bereits entwickelten Motoren wurden auch danach weiter von beiden Teams eingesetzt. Das Unternehmen Mecachrome übernahm den Support und in einem begrenzten Umfang auch die Weiterentwicklung der Aggregate. Während sie im Heck des Williams-Boliden unter der Bezeichnung Mecachrome liefen, vermarktete das Benetton-Team den Namen. Es benannte sie nach seinem Sponsor Playlife. Später nutzten auch BAR und Arrows die Motoren, die inzwischen von Supertec betreut wurden und die entsprechende Bezeichnung trugen.
Nächstes Renault-Comeback 2001
Die Abstinenz des Motorherstellers dauerte auch dieses Mal nicht lange. 2001 kehrte Renault in die Formel 1 zurück. Im Vorjahr hatte der Autohersteller das Benetton-Team aus dem britischen Enstone gekauft, das ab 2002 als offizielles Werksteam auch mit Renaults Namen antrat. Mit Fernando Alonso gewann Renault 2005 und 2006 jeweils den Fahrer-WM-Titel. Sein Teamkollege Giancarlo Fisichella steuerte wichtige Punkte zum Gewinn der Konstrukteurswertung bei. 2007, Alonso hatte den Rennstall inzwischen verlassen, konnte dieser die Erfolge der Vorjahre nicht mehr wiederholen.
Der Spanier kehrte 2008 zurück, nachdem er bei seinem neuen Team McLaren angeeckt war, und war Teil eines der grössten Skandale der Formel-1-Geschichte, was jedoch erst 2009 an die Öffentlichkeit kam. Das Team wies Alonsos Teamkollegen Nelson Piquet Junior beim Rennen in Singapur an, absichtlich in die Streckenbegrenzung einzuschlagen und so den Einsatz des Safety-Cars zu provozieren. Alonso, der zu diesem Zeitpunkt bereits seinen vorgeschriebenen Boxenstopp zum Reifenwechsel absolviert hatte, profitierte davon, dass das Teilnehmerfeld zusammengeführt wurde. Die Boxenstopps seiner Konkurrenten spülten ihn nach vorne und verhalfen ihm zum Sieg. Piquet packte nach seiner Entlassung durch Renault als Kronzeuge aus. Die Teamverantwortlichen Flavio Briatore und Pat Symonds wurden mit einer mehrjährigen Arbeitssperre in der Formel 1 belegt. Gegen Renault sprach der Automobilweltverband (Fia) eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren aus. Sie hätte zu einem Ausschluss geführt, wenn sich Renault in der Zeit ein ähnliches Vergehen zuschulden hätte kommen lassen.
Vor der Saison 2010 verkaufte Renault die Mehrheitsanteile an seinem Formel-1-Team und hielt danach nur noch 25 Prozent daran. Im Dezember 2010 veräusserte Renault auch diese. Das ehemalige Werksteam startete unter der Nennung Lotus GP. Ironischerweise versorgte Renault diesen Rennstall ebenso wie seinen fast identisch klingenden Konkurrenten Team Lotus mit Kundenmotoren. Beide wären in dieser Zeit aber nicht das Aushängeschild Renaults. Diese Rolle kam Red Bull Racing zu, für das Sebastian Vettel von 2010 bis 2013 vier WM-Titel in Folge gewann.
Renault kauft Anteile zurück
Im Jahr 2015 geriet Lotus GP in grosse finanzielle Schwierigkeiten, in deren Folge die Fortsetzung des Rennbetriebs gefährdet war. Renault übernahm wieder die Mehrheitsanteile des Renstalls aus Enstone und brachte 2016 sein Werksteam in die Formel 1 zurück. Renault gab einen Fünfjahres-Plan aus, der vorsah, in dieser Zeit die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Dieses Ziel verfehlte das Team deutlich. Erst in der fünften Saison schaffte es, seine ersten Podiumsergebnisse seit dem Comeback einzufahren.
Seit der Saison 2021 trägt das Team den Namen Alpine, einer traditionsreichen Sportwagenmarke des Renault-Konzerns. Die Motoren heissen nach wie vor Renault. Die offizielle Nennung lautet also Alpine-Renault. Um wieder an alte Erfolge anknüpfen zu können, verpflichtete der Rennstall erneut den einstigen Weltmeister Fernando Alonso.
Ab 2022 gilt in der Formel 1 ein neues technisches Reglement. Renault hat damit zumindest auf dem Papier dieselben Chancen wie alle anderen Teams, mit einem guten Fahrzeugkonzept erfolgreich zu sein. Die Zukunft wird zeigen, ob das Team die Lücke zur Spitze schliessen kann.