Wie nachhaltig sind E Autos wirklich?

Elektroautos gelten als nachhaltig und umweltfreundlich. Doch sind E-Autos wirklich nachhaltig oder ist das am Ende doch nur Greenwashing? Unser Faktencheck schaut auf Produktion, Strom und Recycling.

Heutzutage stehen Elektroautos als Symbol für nachhaltige Mobilität. Viele Länder planen bereits das Ende der Benzin- und Dieselautos. In Europa gilt ab 2035 ein Neuzulassungsverbot für Verbrenner. Dabei ist die Idee nicht neu. Um 1900 erlebten E-Autos schon einmal eine Blütezeit. In New York waren damals rund die Hälfte aller motorisierten Fahrzeuge elektrisch und auch in der Schweiz tüftelten Pioniere wie Johann Albert Tribelhorn an frühen Elektroautos. Doch günstiges Erdöl und begrenzte Batterietechnik drängten die Stromer lange ins Abseits. Heute feiern sie ihr Comeback als Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel. Befürworter preisen sie als Klimaretter, während Kritiker fragen: Wie nachhaltig sind E-Autos wirklich? Schauen wir uns Produktion, Betrieb und Entsorgung einmal genauer an.

Produktion: Ein grosser CO2-Rucksack ab Werk

In der Fabrik entsteht der erste Haken bei der Nachhaltigkeit von E-Autos. Die Herstellung eines Elektroautos verursacht deutlich mehr CO2-Emissionen als bei einem herkömmlichen Auto. Studien beziffern den Mehrausstoss auf rund ein Drittel. Hauptverantwortlich ist die energieintensive Batterieproduktion. So schleppt ein neuer Stromer einen deutlich grösseren CO2-Rucksack mit sich herum als ein Verbrenner gleicher Grösse. Ein konkretes Beispiel liefert das Paul-Scherrer-Institut mit dem Opel Corsa. Die Produktion des Benziners verursacht etwa 9,2 Tonnen CO2, beim elektrischen Corsa-e sind es 15,9 Tonnen. Dieser klimapolitische Ballast macht E-Autos zunächst weniger nachhaltig, zumindest bis sie auf die Strasse kommen.

Warum ist der Rucksack so gross?

LithiumgewinnungZum einen müssen für Akku und E-Motor wertvolle Rohstoffe gewonnen werden. Lithium für die Batterien stammt oft aus Salzseen in Südamerika, wo es durch Verdunstung gewonnen wird. Das wirft Fragen zum Wasserhaushalt und lokalen Ökosystemen auf. Zum anderen steckt in vielen Batterien Kobalt aus Minen im Kongo, wo teils unter fragwürdigen Bedingungen gearbeitet wird. Diese Schattenseiten der E-Auto-Produktion sorgen regelmässig für Kritik. Allerdings kommen auch Benziner und Diesel nicht ohne Rohstoffe aus, vom Stahl bis zu seltenen Metallen im Katalysator.

Die gute Nachricht ist, dass die Branche reagiert. Hersteller suchen nach saubereren Lithium-Quellen (etwa aus Australien statt aus sensiblen Ökosystemen) und die Forschung entwickelt Batterien, die ohne Kobalt auskommen. Auch ganz neue Akkutypen wie Feststoff- oder Natrium-Ionen-Batterien stehen in den Startlöchern. Sie sollen deutlich umweltfreundlicher sein. Noch sind E-Autos in der Produktion zwar nicht besonders nachhaltig, aber Verbesserungen sind absehbar.

Betrieb: Emissionsfrei unterwegs – abhängig vom Strommix

Sobald das E-Auto erst einmal auf der Strasse ist, kann es seine Nachhaltigkeits-Vorteile ausspielen. Im Fahrbetrieb verursacht ein Elektroauto selbst keine Abgase, also kein CO2, keinen Feinstaub aus dem Auspuff und kein Stickoxid. Das schont das städtische Klima und deine Lungen. Doch komplett emissionsfrei ist natürlich auch ein Stromer nur, wenn der Ladestrom aus erneuerbaren Quellen stammt. In der Schweiz ist das ein Pluspunkt. Rund drei Viertel des Strommixes kommen aus erneuerbaren Energien (Wasser, Sonne, Wind) sowie aus klimafreundlicher Kernenergie.

Wasserdamm SchweizDank diesem sauberen Strommix fahren E-Autos hierzulande sehr klimafreundlich. Eine Analyse des Paul-Scherrer-Instituts zeigt, dass ein mittelgrosser Elektro-PKW über 200’000 km Lebensdauer insgesamt etwa 30 Tonnen Treibhausgase verursacht. Das ist weniger als halb so viel wie ein vergleichbarer Benziner (über 60 Tonnen). Diese deutlich bessere Klimabilanz des E-Autos ist dem CO2-armen Schweizer Strom zu verdanken. Mit anderen Worten. In Sachen Klimabilanz sind E-Autos nachhaltig unterwegs, zumindest in Ländern mit grünem Strom.

Wie sieht es anderswo aus?

Je schmutziger der Strom, desto kleiner der Vorsprung des E-Autos. In Deutschland wird heute noch rund 50 % des Stroms in Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt. Dennoch kommt ein Elektroauto über den Lebenszyklus besser weg als ein Benziner. Der Vorteil fällt allerdings geringer aus als in der Schweiz. Statt ca. 30 Tonnen hier kommt das gleiche E-Auto in Deutschland auf rund 50 Tonnen CO2. In Europa gibt es laut Experten einzig zwei Ausreisser, wo E-Mobilität aus Klimasicht derzeit kaum etwas bringt. Polen und Estland, dort ist der Strommix noch überwiegend mit Kohle belastet.

Doch zum Glück wird Strom in fast allen Ländern immer grüner. Jeder neue Windpark und jedes Solardach machen E-Autos nachhaltiger. Und unabhängig vom CO2-Ausstoss profitieren Umwelt und Anwohner direkt. E-Autos fahren leise und lokal emissionsfrei, was besonders in Städten Lärm und Luftschadstoffe reduziert. Das dürfte nicht nur deine Nase freuen. Dank der flüsterleisen Motoren werden auch die Ohren der Anwohner geschont. Manch ein Fussgänger bemerkt so ein Ninja-Auto allerdings erst im letzten Moment. Deshalb ist es heutzutage Standard, dass E-Autos einen zusätzlichen Sound erzeugen.

Stromhunger: Gehen uns wegen E-Autos die Lichter aus?

Kritiker unken, dass Tausende von E-Autos das Stromnetz überlasten und neue Kraftwerke nötig sind. Droht am Ende gar eine Stromknappheit oder der Bau weiterer AKWs? Ein Blick auf die Zahlen gibt Entwarnung. Würde man eines Tages sämtliche 4,5 Millionen Schweizer Autos elektrisch fahren lassen, bräuchte es dafür rund 14 Terawattstunden zusätzlichen Strom pro Jahr. Das entspricht etwa 15 bis 25 % des heutigen Schweizer Stromverbrauchs. Diese Mehrmenge kommt nicht über Nacht, sondern über Jahrzehnte, sie ist relativ gesehen also machbar. Zum Vergleich, allein Industrie und Gewerbe benötigen heute gut 60 % des Stroms. Eine vollständige Elektrifizierung des Personenverkehrs würde den Verbrauch also erhöhen, aber das Schweizer Netz nicht sprengen. Experten von der ETH Zürich halten den Mehrbedarf technisch und ökonomisch für gut bewältigbar.

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  • Tatsächlich ist die Effizienz der Elektromotoren ein entscheidender Trumpf

    Wie nachhaltig sind E Autos wirklich - Schnelles AutoEin E-Auto nutzt rund 80 % der Energie des Stroms direkt für den Vortrieb, während ein Benziner nur etwa 20 % der im Treibstoff steckenden Energie in Bewegung umsetzt, der Rest verpufft als Abwärme. Deshalb braucht selbst eine gesamte E-Flotte weniger Energie, als man denken könnte. Laut Bundesamt für Energie würden bereits eine Million Elektrofahrzeuge im Jahr 2035 lediglich rund 3 bis 5 % des Schweizer Stroms verbrauchen. Und selbst wenn 2050 alle Autos in der Schweiz elektrisch fahren, wären knapp 8 TWh zusätzlich nötig, etwa 14 % mehr Strom als heute. Viel, aber nicht unbewältigbar. Natürlich bedingt dies, dass wir weiterhin in erneuerbare Kraftwerke investieren und Lastspitzen managen, zum Beispiel Laden in der Nacht, wenn insgesamt wenig Verbrauch anfällt. Doch unterm Strich sind E-Autos nachhaltig mit dem vorhandenen Strom vereinbar. Die Lichter gehen uns also nicht aus, es sei denn, du vergisst, die Stromrechnung zu bezahlen.

    Lebensdauer und Recycling: Was passiert mit dem Akku?

    Ein weiterer Aspekt der Nachhaltigkeit von E-Autos ist die Lebensdauer und Entsorgung der Batterien. Viele skeptische Fragen drehen sich darum, wie lange so ein Akku hält. Und landet er dann als Sondermüll? Hier können wir Entwarnung geben. Moderne Lithium-Ionen-Akkus sind auf Langlebigkeit ausgelegt. Die meisten Hersteller geben heute 8 Jahre oder etwa 160’000 km Garantie auf ihre Batterien. Langzeiterfahrungen zeigen, dass Akkus diese Marke oft deutlich überschreiten. Selbst danach ist ein E-Auto-Akku kein toter Elektroschrott. Er hat vielleicht nur noch rund 70 % seiner ursprünglichen Kapazität, ist aber für viele Anwendungen weiterhin brauchbar. Man spricht hier vom Second Life. Ausgediente Autobatterien können zum Beispiel als stationäre Energiespeicher in Gebäuden weiter dienen, um Solarstrom zwischenzulagern. Oder sie puffern Schnellladestationen, damit diese bei Spitzenlast nicht das Netz überlasten. Dein E-Auto fährt also vielleicht irgendwann nicht mehr, aber sein Akku hat noch jahrelang einen Job.

    Am Ende jeder Batterie steht natürlich die Frage der Entsorgung.

    Recycling lautet das Zauberwort, um E-Autos nachhaltig im Kreis zu führen. Die Rohstoffe einer Traktionsbatterie, von Aluminium über Nickel und Lithium bis Kobalt, sind viel zu wertvoll, um sie wegzuwerfen. Schon heute lassen sich über 90 % der Bestandteile einer E-Auto-Batterie zurückgewinnen. Die Verfahren dafür existieren industriell, auch wenn die Prozesse bislang teils aufwendig und teuer sind. Aber mit steigender Zahl alter Batterien lohnt sich das Recycling immer mehr.

    In der Schweiz entsteht beispielsweise gerade ein hochmodernes Werk, das Altbatterien nicht schmelzen, sondern schonend zerlegen wird. Dieses Verfahren soll bis zu 96 % der enthaltenen Stoffe zurückgewinnen und benötigt nur rund 15 bis 20 % der Energie früherer Recyclingmethoden. Pro recycelter Tonne Batterie spart man dadurch etwa 8 Tonnen CO2 ein, weil weniger neue Rohstoffe abgebaut werden müssen. Solche Fortschritte machen E-Autos nachhaltig, indem aus Altbatterien wieder Neuteile werden, ein schöner Materialkreislauf. Die Gefahr, dass wir in ein paar Jahren auf einem Berg toxischer E-Auto-Batterien sitzen, ist gering. Viel eher entsteht ein wertvoller Rohstoffkreislauf, der die Umwelt entlastet und E-Autos nachhaltig macht.

    Nutzen statt nur besitzen: Warum Fahrleistung zählt

    Wie nachhaltig sind E Autos wirklich - AufladenNicht immer sind E-Autos nachhaltig. Es kommt darauf an, wie viel man sie nutzt. Hintergrund ist der grosse CO2-Rucksack aus der Produktion. Ein Benziner verursacht den Grossteil seiner Emissionen beim Fahren, ein Stromer dagegen bereits bei der Herstellung. Verbrenner sind, rein ökologisch, für Wenigfahrer also gar nicht so schlecht. Ein E-Auto muss hingegen Kilometer fressen, um seine Anfangsschuld abzutragen. Wer also einen Tesla kauft, nur um ihn dann die meiste Zeit in der Garage stehen zu lassen, betreibt keine nachhaltige Mobilität. Im Gegenteil, so ein unbewegter Stromer, nennen wir ihn Elektro-Immobil, schadet der Umwelt mehr, als wenn man gar kein neues Auto angeschafft hätte.

    Ein geteiltes Carsharing-E-Auto hingegen, das täglich im Einsatz ist und viele Verbrenner-Kilometer einspart, kann seine Ökobilanz maximieren. Laut einem Bericht kann der ökologische Fussabdruck eines intensiv genutzten E-Autos im Idealfall sogar niedriger sein als jener des öffentlichen Verkehrs.

    Die Moral von der Geschichte

    E-Autos sind nachhaltig, aber auch nur so gut wie ihr Einsatzzweck. Sie ersetzen am effizientesten konventionelle Autos, die viel gefahren werden. Für die Sonntagsfahrt allein hätte vielleicht auch ein Carsharing oder der Bus gereicht. Nachhaltigkeit bedeutet eben auch, das passende Verkehrsmittel für den jeweiligen Zweck zu wählen. Doch keine Sorge, wenn du dein E-Auto wirklich brauchst und nutzt, darfst du das gute Gefühl haben, auf Dauer umweltfreundlicher unterwegs zu sein, besonders im Vergleich zum alten Benziner. Intensiver Einsatz macht E-Autos nachhaltig, während Stillstand die Klimabilanz verhagelt. Also, ab auf die Strasse mit dem Stromer.

    Fazit: E-Autos nachhaltig?

    Sind E-Autos nun wirklich nachhaltig? Die kurze Antwort: Ja, aber. Ein Elektroauto ist kein perfektes Null-Impact-Wunderfahrzeug. Herstellung und Rohstoffabbau hinterlassen Spuren und ohne grünen Strom geht die Rechnung nicht auf. Doch unterm Strich haben E-Autos heute schon eine deutlich bessere Ökobilanz als Verbrenner, vor allem in einem Land wie der Schweiz mit CO2-armer Stromversorgung.

    Unter dem Strich kann man sagen: E-Autos sind nachhaltig, zumindest deutlich nachhaltiger als herkömmliche Autos unter den richtigen Bedingungen. Sie sind also Teil der Lösung für eine klimafreundlichere Zukunft, aber kein Freifahrtschein. Natürlich muss parallel weiter an nachhaltiger Energie gearbeitet werden, an effizienterer Produktion und an alternativen Mobilitätskonzepten. Kritikpunkte wie Lithium-Abbau oder Kinderarbeit darf man nicht unter den Teppich kehren. Doch genau diese Probleme werden dank der E-Auto-Debatte mittlerweile aktiver diskutiert und angegangen. Die Technik entwickelt sich rasant weiter, von besseren Batterien bis zu neuen Recyclingverfahren, was E-Autos künftig noch nachhaltiger machen wird.

     

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