Intelligent Glass Control: So funktioniert die neue Folientechologie

Intelligent Glass Control soll ein Problem verbessern, mit dem sich Autofahrer schon lange herumschlagen. Airbags schützen uns vor einem harten Aufprall, die Scheiben fahren elektrisch hoch und runter und das Radio steuern wir mit der Stimme, die Lichtanlage wird technologisiert. Während uns Unternehmen wie Google und Daimler sogar mit selbstfahrenden Autos beeindrucken, bleibt ein Aspekt des täglichen Fahrens doch seltsam antiquiert: Die gute alte Sonnenblende. Ein Stück Brett, das meist hektisch heruntergeklappt wird, wenn wir plötzlich um die Kurve fahren und die Sonne uns in die Augen scheint. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Intelligent Glass Control ist der neue Trend. Was die smarte Folie können soll und wie es funktioniert, erfahren Sie hier!

Dunkel auf Knopfdruck

Mit Intelligent Glass Control brauchen Sie im Auto bald keine Sonnenbrille mehr!
Mit Intelligent Glass Control brauchen Sie im Auto bald keine Sonnenbrille mehr!

Januar 2016: Ein eher unscheinbar aussehender Ford Mondeo war das Demonstrations-Objekt für Intelligent Glass Control auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas.

Continental zeigte hier erstmals das Intelligent Glass Control System, das sämtliche Scheiben des Autos auf Knopfdrucks verdunkeln lassen. Dabei dunkelt nicht das Glas ab, sondern speziell aufgebrachte Folien, die in das Glas eingebracht sind.

Laut Continental bietet die Folie gleich mehrere Vorteile: Komfort, Effizienz und Sicherheit. Auch soll das System einen positiven Einfluss auf den Energieverbrauch haben.

Wer das Auto parkt, hat mit dem smarten Glas ein vollkommen abgedunkeltes Auto. Kriminellen soll so der Anreiz verloren gehen, Autos mit interessantem Inhalt schnell aufzubrechen.

Doch die bläulich schimmernde Folie soll in Zukunft noch mehr können: Lichteffekte im Auto, automatische Energiegewinnung oder eine Verwendung als Touchscreen.

Funktionsweise der Intelligent Glass Control

Für die Entwicklung des Intelligent Glass Control Systems hat sich Continental einer speziellen Technologie von Research Frontiers bedient.

SPD-SmartGlass wurde von Research Frontiers patentiert und soll nicht nur in der Automobilbranche, sondern auch anderen Industrien wie Aviation genutzt werden. Der Präsident von Reseach Frontiers verglich Intelligent Glass Control mit dem immer smarter werdenden Zuhause – und jetzt sei nun einmal das Auto dran.

Doch wie funktioniert das Ganze?

Im Glas oder Plastik ist ein dünner Film eingebettet. Winzige Partikel, die auf den Film aufgebracht sind, lassen sich nun mit Hilfe von elektrischen Impulsen auf verschiedene Art und Weise anordnen.

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  • Das Ganze beruht auf Suspended Particle Devices. Sind die Partikel stromlos, ordnen sie sich zufällig und beliebig an. Sie lassen dann kein Licht durch die Scheibe und für das Glas wird verdunkelt.

    Legt man nun elektrische Spannung auf das Partikel-Feld, richten sich die Teilchen in Reihen aus, man denke an kleine Soldaten, die ordentlich in einer Reihe stehen. So wird das Glas lichtdurchlässig und erscheint klar.

    Das System funktioniert nicht nur binär, sondern ist sogar stufenlos regelbar. So kann das System theoretisch selbstständig auf veränderliche Lichtverhältnisse reagieren, z. B. tief liegende Sonne oder direkte Sonneneinstrahlung auf die Frontscheibe.

    Intelligent Glass Control kann nicht nur mit einem Knopf reguliert werden, sondern auch per Bewegungssensor, Temperatursensor oder Dimmer. Auch eine Kontrolle mit dem Smartphone oder der Smartwatch kann in Zukunft möglich sein.

    Intelligent Glass Conroll – ein Plus für die Umwelt?

    Die Verdunklung jedes Glaspanels im Auto hat aber nicht nur sicherheitsrelevante Vorteile: Das abgedunkelte Glas schirmt laut Hersteller bis zu 95% aller Sonneneinstrahlung ab. Das hilft nicht nur gegen Sonnenbrand, sondern reduziert auch die Wärme innerhalb des Autos.

    Das soll die Klimaanlage entlasten und führt somit zu einem verminderten Kohlenstoffdioxid-Ausstoss. Continental hat errechnet, dass ein mit Intelligent Glass Control ausgestattetes Fahrzeug seine Co2-Emission um vier Gramm pro Kilometer senken kann.

    Tatsächlich wurden hier sogar die Sonnenblenden in die Berechnung miteinbezogen: Sie werden schliesslich nicht mehr benötigt.

    Damit sinke das Gesamtgewicht des Fahrzeugs zusätzlich, was immerhin auch Kraftstoff spare.

    Als Fazit: Ein nett klingendes Argument, die Zahlen dazu sind aber leider zu klein. Vier Prozent retten das Klima nicht – hier müssten die Autohersteller schon grösser ansetzen und die Entwicklung von Elektroautos etc weiter vorantreiben. Aber wie sagt man so schön: Besser als nichts.

    Neu oder neu interpretiert?

    Ganz so neu ist das «färbbare» Glas im Auto dann aber doch nicht: Mercedes-Benz offeriert schon seit einiger Zeit ihr «Magic Sky» System in ihren SLK und SL Roadsters. Auch im Maybach oder der S-Klasse finden sich abdunkelbare Schiebedächer.

    Hierbei handelt es sich allerdings um High-End-Fahrzeuge und Continental bietet das smarte Glas nun für alle Fahrzeugklassen und jedes Glas an – nicht nur im Dach.

    Neben Continental sind z.B. auch Lufthansa und Mercedes Benz an der Technologie dran. Erste Flugzeuge werden zur Zeit mit abdunkelbarem Glas ausgestattet. Dies bietet nicht nur mehr Sicherheit im Cockpit, sondern auch mehr Komfort für Fluggäste, besonders auf Langstrecken-Flügen.

    Fazit

    Zur Zeit bedient sich die Industrie an der neuen Technologie und der Massenmarkt bleibt (noch) aussen vor. Intelligent Glass Control ist heute noch zu teuer – für ein komplett verglastes Mittelklasse-Auto würden mehrere Tausend Euro fällig.

    Wenn aber erst einmal genug Interesse vorhanden ist, sollten die Preise aber schnell sinken, so Continental. Hier kommt es vor allem auf die Akzeptanz der Käufer an.

    Einige EU-Länder müssten wohl auch an ihren Gesetzen feilen: Anders als in den USA sind in vielen Ländern komplett abgedunkelte Wagen verboten. Wie das mit einer steuerbaren Abdunklung zu vereinbaren ist, weiss noch niemand.

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