Gemessen an den üblichen Distanzen im Autorennen sind die Fahrten von Dragster kurz – sehr kurz sogar. In der Regel dauert es nicht mehr als einige Sekunden vom Start in das Ziel. Die gefahrene Geschwindigkeit und Beschleunigung sind dafür absolut einmalig: Auf der Ziellinie sind in den höheren Klassen Werte weit über 500 km/h der Standard. Das und der spektakuläre Start sind nur zwei der Gründe, warum Dragster Rennen in den USA und zunehmend auch auf der anderen Seite des Atlantiks eine treue und wachsende Fangemeinschaft aufweisen.
Bei den Amateuren verliert der Schnellste häufig
Dragster in den Amateurrennen unterliegen relativ wenig Beschränkungen und sind deshalb entsprechend kreativ erbaut und zusammengesetzt. Prinzipiell gibt es hier alle möglichen und unmöglichen Rennen mit unterschiedlichsten Fahrzeugen.
Hier treten sowohl straßentaugliche Serienfahrzeuge wie umgerüstete Rennwagen oder mitunter auch skurrile Eigenbaus gegeneinander an. Eine Besonderheit bei Amateurrennen ist, dass diese nicht auf eine stete Steigerung der Geschwindigkeit ausgelegt sind.
Stattdessen ist bei den meisten Rennen das Ziel, möglichst exakt an eine vorgegebene Zeit heranzukommen, ohne diese zu unterschreiten. Auf diese Weise soll eine unbegrenzte Aufrüstung vermieden werden, die ansonsten schnell zu einer Kostenexplosion führen würde.
Außerdem können nach diesem Rennmodus auch unterschiedliche Fahrzeuge mit verschiedenen Bauarten gegeneinander antreten. Als Standard haben sich in den höchsten Klassen 8.9 Sekunden auf eine Viertelmeile etabliert – das entspricht einer Distanz von exakt 402,34 Metern.
Optimal wäre eine Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 162,75 km/h, aber natürlich starten die Dragster aus dem Stand. Prinzipiell dürfen meistens alle möglichen Automotoren Verwendung finden.
Je nach Art des Motors ist in nahezu allen Kategorien ein Mindestgewicht vorgegeben. Als Treibstoff ist neben Benzin auch Mischungen mit Alkohol, Methanol oder Lachgas zugelassen. Nitromethan scheidet hingegen wegen der hohen Unfallgefahr bis auf wenige Ausnahmen aus.
Drei Klassen – sechs Varianten: Profirennen bei Dragster
Im professionellen Rennsport werden Dragster meist in drei Haupt- mit jeweils zwei Unterkategorien eingeteilt.
In der Pro Stock fahren die Piloten spezielle Rennfahrzeuge aus einer Konstruktion von Gitterrohrrahmen, die ihrem Äußeren jedoch aktuellen Coupés aus der Serienproduktion entsprechen müssen. Den Antrieb übernimmt ein Benzinmotor mit acht Zylindern und einem maximalen Hubraum von 8193 cm³ oder in den USA nach den Regeln der IHRA bis zu 13 Litern.
Bei Pro Modified entfallen die Beschränkungen zur Karosserie, sofern sich das Original noch erkennen lässt. Außerdem sind stärkere Motoren unter anderem auch mit Lachgaseinspritzung oder Methanol als Treibstoff zugelassen.
Die beiden anderen Hauptkategorien unterscheiden im Brennstoff und heißen Top Methanol und Top Fuel – einem Gemisch aus bis zu 90 Prozent Nitromethan und Methanol. Beide werden in Funny Cars und Dragster unterteilt.
Entscheidender Unterschied ist, dass die Dragster einen längeren Radstand aufweisen und dadurch bei extrem hohen Geschwindigkeiten leichter zu kontrollieren sind.
Die Funny Cars hingegen besitzen eine Karosserie aus Kohlefaser, die sich in ihrem Design meist an Rennwagen aus dem Motorsport anlehnt. Für sie gilt darüber hinaus ein höheres Mindestgewicht, weshalb die Fahrzeuge in diesem Bereich etwas langsamer sind.
In einer halben Sekunde von 0 auf 100 km/h
In professionellen Rennen muss der Zuschauer auf einen Rennwagen mit einem Düsentriebwerk aus einem alten Flugzeug verzichten. Diese sogenannten Jet-Dragster fahren schon aus Sicherheitsgründen nicht in Rennen gegeneinander, sondern werden lediglich für Showläufe eingesetzt.
Ihre Geschwindigkeit bleibt bei diesen zudem häufig weit unter der der «echten» Top Fuel Dragster. Diese besitzen eine Motorleistung von bis zu 10.000 PS und beschleunigen in knapp 0,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Sie erreichen diese Geschwindigkeit innerhalb der ersten paar Meter und sind bereits schneller, wenn ihre Hinterräder die Startlinie passieren. Die enorme Beschleunigung stellt eine extrem hohe Belastung für die Fahrer dar – lediglich bei einem Raketenstart sind Menschen einer ähnlich hohen Kraft ausgesetzt.
Mit dem Start ist jedoch noch lange nicht die maximale Grenze erreicht. Diese wartet vielmehr nach dem Rennen auf die Insassen, wenn sich die Bremsfallschirme öffnen und der Körper noch stärker nach vorne geschleudert wird.
Der aktuelle Rekord für die Distanz einer Viertelmeile liegt bei knapp unter 4,5 Sekunden und einer maximalen Geschwindigkeit von über 540 km/h.
Ein Rennen der Superlative
Um seine notwendige Leistung zu entfalten, besitzt der Dragster einen enormen Verbrauch. Er benötigt bei Vollgas rund fünf Liter in der Sekunde und verbrennt den Treibstoff mit bis zu 4000° Celsius.
Nach einem halben Rennen ist eine elektronische Zündung nicht mehr notwendig – bereits die heißen Ventile des Auslasses bringen das Gemisch zur Explosion. Als Folge dessen lässt sich ein Dragstermotor nicht einfach abschalten und es existiert nur eine einzige Möglichkeit, ihn zu stoppen: Die Treibstoffzufuhr muss gekappt werden.
Dieser wiederum wird während des Rennens durch die vom Turbolader angesaugte Luft so stark verdichtet, dass die Mischung beinahe fest in den Zylinder gespritzt wird. Trotz der hohen Temperaturen verzichten die Motoren vollständig auf eine Kühlung.
Während der kurzen Betriebszeit reicht die Verdunstungskälte des Nitromethan aus, um die Bauteile aus Hochleistungsverbindungen vorm Schmelzen zu bewahren. Auch in anderer Hinsicht wäre sie überflüssig.
Für viele Komponenten ist die Lebensdauer bereits nach dem ersten Rennen abgelaufen. So verglühen die Zündkerzen vollständig und müssen für jeden Start neu eingebaut werden.
Der Aufwand dafür hält sich jedoch in Grenzen: Wegen der extrem hohen Belastung wird jeder Motor nach jedem Rennen ohnehin komplett zerlegt, überprüft und in Teilen ersetzt.
Beliebtheit steigt auch in Deutschland stetig an
Lange Zeit war der Freundeskreis für Dragster in Europa relativ übersichtlich – im Gegensatz zu den USA, in denen die Rennen fester Bestandteil des Motorsports sind.
Im Gegensatz zu anderen Kategorien sind große Konzerne in diesem Bereich nur extrem selten aktiv. Das gleicht zu einem gewissen Grad die Begeisterung der Amateure aus.
Angesichts der hohen Kosten für jeden Start – die reinen Ausgaben betragen ohne das Fahrzeug und das Personal schon einmal gut mehrere Hundert Euro in der Sekunde – sind deutsche Teams international jedoch eher unbedeutend.
Das schmälert den Spaßfaktor jedoch keineswegs, denn eines ist gewiss: Meterhohe Stichflammen aus unverbrannten Nitromethan, ein Motorgeräusch von der Lautstärke eines startenden Jumbo Jets und eine Geschwindigkeit jenseits der 300 km/h finden Zuschauer bei keiner anderen Rennveranstaltung.
Dragster gehören dennoch mit Sicherheit zu den Außenseiter des deutschen Motorports. Eventcharakter haben dafür bereits die Pisten. Die einzige konventionelle Strecke ist der Hockenheimring – nahezu alle anderen Rennen finden auf aktiven oder stillgelegten Flugplätzen statt.