Schräglagenassistent & Kurven-ABS erklärt

Schräglagenassistent und Kurven-ABS haben die Zweirad-Welt revolutioniert. Was früher oft im Sturz endete, meistern moderne Bikes heute mühelos. Doch wie funktionieren diese unsichtbaren Lebensretter eigentlich? Erfahre im Folgenden, wie diese Systeme funktionieren, wo ihre Grenzen liegen und wie du das Maximum aus dieser Technik herausholst.

Warum ist Kurvenfahren so anspruchsvoll?

Kurve in den BergenDu kennst es sicherlich: In der Kurve neigt sich dein Motorrad zur Seite, und plötzlich scheint die Welt anderen physikalischen Gesetzen zu folgen. Beim Kurvenfahren entsteht ein wahres Duell zwischen Fliehkraft und Schwerkraft. Dein Motorrad neigt sich genau so weit in die Kurve, dass diese beiden Kräfte im Gleichgewicht sind. Je schneller du fährst oder je enger die Kurve ist, desto stärker muss die Schräglage ausfallen. Hier kommt der erste kritische Punkt ins Spiel: In Schräglage steht deinem Reifen deutlich weniger Haftung zur Verfügung als bei gerader Fahrt. Während dein Pneu aufrecht seine volle Aufstandsfläche nutzen kann, wird diese in der Kurve kleiner und die Gummimischung muss mehr leisten. Bei 45 Grad Schräglage hast du nur noch etwa 70 Prozent der Haftung im Vergleich zur Geradeausfahrt. Und genau hier liegen die typischen Fehlerquellen. Erschrickst du in der Kurve und bremst reflexartig stark, passieren gleich mehrere ungünstige Dinge:

  • das Motorrad richtet sich auf
  • die Linie wird kürzer
  • die Reifen können die kombinierten Kräfte aus Kurvenfahrt und Bremsung nicht mehr verarbeiten

Ein Rutscher oder Sturz ist dann in der Regel oft die Folge. Herkömmliche Bremssysteme sind für diese Situation denkbar schlecht gerüstet. Ein normales ABS kann zwar verhindern, dass die Räder blockieren, aber es berücksichtigt nicht die reduzierte Haftung in Schräglage. Es bremst unter Umständen zu stark und bringt dein Motorrad zum Rutschen. Und genau hier kommen moderne Assistenzsysteme ins Spiel, die diese Physik verstehen und dir in Millisekunden helfen können, wenn es brenzlig wird.

Funktionsweise und Technik hinter Schräglagenassistenten und Kurven-ABS

Im Kern ist der Schräglagenassistent ein komplexes System aus Sensoren und Steuergeräten, das die Fahrdynamik deines Motorrads in Echtzeit überwacht. Das Herzstück bildet eine sogenannte Inertial Measurement Unit (IMU). Diese misst mit Beschleunigungssensoren und Gyroskopen kontinuierlich, wie stark dein Motorrad geneigt ist, wie schnell sich die Neigung ändert und in welche Richtung Kräfte wirken. Moderne IMUs erfassen die Position deines Bikes im Raum bis zu 1000 Mal pro Sekunde! Diese Daten werden blitzschnell an ein zentrales Steuergerät gesendet, das sie mit anderen Informationen wie Geschwindigkeit, Gasgriffposition und Bremsdruck zusammenführt. Das System erstellt daraus ein virtuelles Abbild deiner aktuellen Fahrsituation und kann vorhersagen, was als nächstes passieren wird. Je nach Hersteller greifen Schräglagenassistenten unterschiedlich ein.

  1. Bei BMW heisst das System «Dynamic Traction Control» (DTC).
  2. Bei KTM «Motorcycle Traction Control» (MTC).
  3. Bei Ducati «Ducati Traction Control» (DTC).

Kurven-ABS - SchräglageTrotz unterschiedlicher Namen ist das Grundprinzip ähnlich. In kritischen Situationen reguliert das System die Motorleistung, passt das Ansprechverhalten der Kupplung an oder moduliert gezielt die Bremsdrücke. Die wirklich cleveren Systeme berücksichtigen sogar, ob du gerade beschleunigst oder verzögerst. Ein Beispiel: Drehst du in Schräglage zu stark am Gasgriff, reduziert der Assistent sanft die Motorleistung, ohne dass du einen ruckartigen Eingriff spürst. Du merkst nur, dass dein Hinterrad nicht wegrutscht und du sicher durch die Kurve kommst. Und das Beste daran? Der Schräglagenassistent arbeitet so dezent im Hintergrund, dass du dich ganz auf die Freude am Kurvenfahren konzentrieren kannst.

Die Grenzen der Technik: Was Kurvenassistenzsysteme (noch) nicht können

So beeindruckend moderne Kurvenassistenzsysteme auch sind, Zauberei beherrschen sie nicht. Die Physik setzt klare Grenzen, die kein noch so cleverer Algorithmus überwinden kann. Selbst die beste Elektronik kann nicht verhindern, dass ein Motorrad bei extremer Schräglage irgendwann den Asphalt küsst, wenn die Haftgrenze der Reifen überschritten wird. Was viele Fahrer unterschätzen ist das diese Systeme zwar eingreifen, aber nicht die Fahrlinie korrigieren können. Fährst du zu schnell in eine Kurve ein oder wählst eine ungünstige Linie, kann der Assistent das nicht mehr grundlegend ändern. Auch plötzliche massive Hindernisse wie einen querenden Hirsch oder extreme Fahrbahnverschmutzungen überfordern die Technik.

Besonders tückisch ist die falsche Sicherheitserwartung, die manche Fahrer entwickeln. Wer glaubt, mit Schräglagenassistent und Kurven-ABS könne man sein Tempo in Kurven beliebig erhöhen, wird früher oder später die harte Realität kennenlernen. Die Systeme verschieben die Grenzen, aufheben können sie sie nicht. Gute Fahrtechnik bleibt daher das A und O für sicheres Kurvenvergnügen.

Motorradmodelle mit fortschrittlichen Schräglage-Assistenzsystemen

In der Schweiz bekommst du mittlerweile eine breite Auswahl an Motorrädern mit erstklassigen Schräglage-Assistenzsystemen. Die europäischen Hersteller sind dabei oft Vorreiter: BMWs S1000-Modellreihe bietet mit dem «Dynamic ESA Next Generation» ein adaptives Fahrwerk, das sich sogar während der Fahrt an die Schräglage anpasst. KTM punktet mit seinem MSC (Motorcycle Stability Control) in Kombination mit Bosch Cornering ABS bereits in der mittleren Preisklasse ab etwa 12.000 Franken.

In die Sonne blickendBesonders innovativ ist Ducati mit dem «Ducati Safety Pack», das in der Multistrada V4 sogar einen Radar-Assistenten integriert. Bei japanischen Herstellern findest du hochwertige Systeme vor allem in den Flaggschiffen: Hondas neues «Electronically Equipped Ride Adjustment» in der CBR1000RR-R Fireblade oder Kawasakis KCMF (Kawasaki Cornering Management Function) in der H2 SX. Für ältere Motorräder gibt es leider kaum Nachrüstlösungen, da die Systeme tief in die Motorrad-Elektronik integriert werden müssen. Eine Ausnahme bilden spezielle ABS-Module für einzelne Rennstrecken-Motorräder.

Fazit: Die Zukunft der Motorrad-Sicherheitstechnik

Der technologische Sprung, den Schräglagenassistenten und Kurven-ABS für Motorradfahrer bedeuten, lässt sich kaum überschätzen. Denn was früher nur Profis mit jahrelanger Erfahrung beherrschten, unterstützen heute elektronische Helferlein, die in Millisekunden reagieren. Besonders erfreulich ist dabei, dass die wachsende Verfügbarkeit auch in mittleren Preisklassen moderne Sicherheitstechnik für immer mehr Schweizer Biker zugänglich macht. Gleichzeitig steht die nächste Generation von Assistenzsystemen bereits in den Startlöchern, ausgestattet mit noch präziseren Sensoren, vorausschauender Radar-Technologie und künstlicher Intelligenz.

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